Istanbul

Der Zug nach Istanbul war recht komfortabel, eigentlich, aber wir hatten das Pech, dass ausgerechnet unser Waggon keinen Strom hatte, also kein Licht, keine Heizung und kein fließend Wasser auf den Toiletten, so blieben diese verschlossen. Bis um 3 Uhr morgens dann die türkische Lok angehängt wurde…jetzt konnten wir endlich auf ein normales WC gehen, statt verschmutzte Stehklos im anderen Waggon benutzen zu müssen. Heizung hatten wir jetzt auch, automatisch auf über 30°C eingestellt, aber nicht verstellbar. Leider lag Alex oben im Stockbett, wo die heiße Luft rauskam und sagte zu mir: „Nächstes Mal schläfst du oben!“ Aber trotzdem war es witzig und die Stimmung in den anderen Abteilen mit Engländern und ihrem trockenem Humor und anderen Touristen war gut. In Istanbul angekommen waren wir darüber informiert, dass Rad fahren hier ziemlich gefährlich ist, also fragte ich noch auf dem Bahnhof, wie wir in die 25 km entfernte Innenstadt kommen könnten. Der freundliche Schaffner brachte uns zu einem Fahrstuhl, der groß genug war um mit unseren Rädern zur Metro-Station nach unten zu fahren. Dort angekommen konnten wir allerdings nicht mit Karte bezahlen und türkische Lira hatten wir noch nicht. Also ließ uns der Schaffner kostenlos mitfahren! Es war auch kein Problem, mit den Fahrrädern nochmals die Metro zu wechseln. Wir mussten zwar die letzten Meter mit einer Rolltreppe ans Tageslicht fahren, aber das hat auch funktioniert. So kamen wir auf dem großen Taksimplatz im Zentrum an und bezogen kurze Zeit später unsere Wohnung in Cihangir/Beyöglu, direkt in einem zentral gelegenen Viertel. Es war Sonntag und die Stadt war voll mit Menschen, pulsierend, lebendig und mit so vielen verschiedenen Eindrücken, Gerüchen und Ausblicken, sehr faszinierend. Viele verschleierte Frauen, einige mit Burka, an jeder Ecke die Möglichkeit zu essen, Kaffee zu trinken oder einkaufen zu gehen. Wir schauten uns in den nächsten Tagen Moscheen, Basare, verschiedene Gegenden und Sehenswürdigkeiten an und waren beeindruckt von Istanbul. Allerdings gibt es überall Kontrollen, sei es, wenn man in die Metro einsteigen will, in den Basar hinein möchte, oder in eine Shoppingmall. Auch sind Polizei und Militär allgegenwärtig. Der Kontrast zwischen Arm und Reich ist auffallend. Schön ist aber, dass es ein Tierschutzgesetz gibt, nach welchem hier alle Hunde und Katzen gefüttert und tierärztlich versorgt werden, z.T. auch kastriert und je nach Wohngebiet gechipt. Täglich wird eine Tonne Futter im Stadtgebiet verteilt und so leben hier ca. 130.000 Hunde und 165.000 Katzen friedlich mit den 15 Millionen Einwohnern zusammen. Leider sind wir erst mittwochs auf die Botschaft gegangen, um unser Visum für den Iran zu beantragen und nur um dort zu erfahren, dass man ein e-Visum online beantragen muss. Am nächsten Morgen haben wir es dann abgeschickt, nachdem uns die iranische Botschaft in München versichert hatte, dass ein Eilantrag in 24 Stunden ohne Probleme bearbeitet sein würde. Aber was sie uns nicht sagten war, dass am Donnerstagmittag das iranische Wochenende beginnt, das bis Samstagmorgen dauert und an dem natürlich niemand Visaanträge bearbeitet. Das erfuhren wir dann freitags bei einem weiteren Besuch der iranischen Botschaft in Istanbul. Der Beamte sagte uns dann auch, dass daraufhin ja das türkische Wochenende käme, von Samstag bis Sontag und wir am Montag wiederkommen sollten. Unser Visum wurde aber samstagmorgens via e-Mail abgelehnt mit der Aufforderung es nochmals über ein Reisebüro zu versuchen. Wir hatten aber gerade unseren Aufenthalt verlängert und unser Fährticket nach Bandirma von Samstag auf Dienstag umgebucht. Also wieder gegoogelt und ein online Möglichkeit gesucht, um das Visum zu beantragen. Sonntagmorgen haben wir dann alle Unterlagen an „key2persia“ (Reiseagentur) geschickt und für jeden von uns 35 Dollar überwiesen mit der Versicherung das Visum in ein bis drei Tagen zu erhalten. (Fähre wieder umbuchen, Aufenthalt nochmals verlängern bis Donnerstag) Wir hätten auch die Möglichkeit gehabt die Referenznummer für die Erstellung des Visums nach Ankara schicken zu lassen, aber das liegt eigentlich nicht auf unserer geplanten Reiseroute und hätte auch dort wieder Wartezeit benötigt. Denn erst, wenn man diese Referenzummer hat, kann man mit all seinen Unterlagen in der Botschaft vorstellig werden und das Visum erhalten. Und da die politische Situation hier derzeit nicht so rosig ist, wollen wir die Möglichkeit haben jederzeit ausreisen zu können. Am Mittwoch war diese Nummer noch nicht da, dennoch gingen wir auf die Botschaft und schilderten ihnen das Problem. Diesmal hatten wir Glück: Ein Beamter nahm unsere Pässe mit, tätigte einen Anruf und versicherte uns, morgen seien unsere Visa fertig, aber nicht vor 14 Uhr. Also nochmal Fähre umbuchen auf Freitag (denn sie wäre um 12.35 donnerstags gefahren) und airbnb Wohnung verlängern, das ging aber zuerst nicht, da unser Vermieter zurück in seine Wohnung musste. Denn er wohnte, während wir seine Wohnung gemietet hatten, einfach bei einem Kumpel, aber dessen Freundin kommt zu Besuch….). Wir vereinbarten mit ihm, seine Wohnung mit ihm gemeinsam eine Nacht zu bewohnen, zum Glück, sonst hätten wir für eine Nacht mitsamt unseren Rädern eine neue Unterkunft finden müssen! Wir trafen auf der Botschaft noch die Brüder Johannes und Maximilian, die mit einem Tandem fast die gleiche Stecke in einem Jahr fahren wollen wie wir und ebenfalls auf ihr Visum warten. Die ersten Reiseradler seit Belgrad, die auch so lange unterwegs sind, denn generell treffen wir nur noch sehr wenige andere Radfahrer. Wir tauschten uns bei einem Kaffee aus und erfuhren, dass die beiden durch Pakistan und Bangladesch fahren werden, mutig! Am Donnerstag bekamen wir zum Glück endlich unsere Visa für den Iran und besuchten am Abend noch ein tolles Jazzkonzert der Gruppe „NES Music Band“ (im Rahmmen des Jazzfestivals in Istanbul), die am 24.10. auch bei Enjoy Jazz/Heidelberg spielen. So verließen wir am Freitag die Stadt mit der Fähre über das Marmarameer. In Istanbul haben wir zwölf beeindruckende, schöne, entspannte, aber auch z. T. stressige Tage (viel Verkehr, Menschen, Lärm, Gerüche, was Großstädte eben auch so mit sich bringen) verbracht, ohne Fahrrad zu fahren! Zum Glück, denn es ist eine sehr hügelige Stadt und Fahrrad fährt hier so gut wie niemand.
Großer Basar
Hagia Sophia
Markt in Besiktas
Hagia Sophia
Balat
Der versunkene Palast, ehemalige Zisterne
Fähre nach Bandirma

5 Antworten auf „Istanbul“

  1. Hallo ihr zwei 🙂
    Es ist sehr spannend eure Reise zu verfolgen!
    Passt auf euch auf und ich freue mich auf die nächsten Berichte!
    Ich hoffe es geht euch gut,
    Liebe Grüße vom Grenzhof

  2. Botschaften und Visa, eon Dauerthema unter Reisenden.
    Ihr ward auch in der „Blauen Moschee“!? Sie ist mein Favorit in Istanbul!
    Wünsche euch gutes Weiterkommen!

    1. Hallo Matz, ja, wir waren auch in der blauen Moschee, leider war der Innenraum großteils für Restaurierungsarbeiten eingerüstet. Nur an euner Stelle konnte man die immense höhe des Gebäudes und das Schmuckwerk erspüren.
      Gruß von unterwegs, Alex

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