Teheran, Iran

Im Zug Richtung Teheran
Der Zug fährt in Tatvan ein, wir reihen uns in die Schlange und als der iranische Beamte unsere Fahrräder sieht, sagt er sofort, „No, no, no, you can`t take the bicycles inside.“ „Yes, yes, yes, we have tickets for them, they come inside“, sage ich. Der andere Schaffner beschwichtigt ihn und wütend sieht er ein, dass er sich damit abfinden muss. So werden die Räder im ersten Waggon vor der Toilette abgestellt und alles ist gut, denn jetzt haben wir ein Viererabteil für uns. Der Zug ist voll mit Iranern, die in der Türkei shoppen waren, kein freier Platz in fünf Waggons. Nach zwei Stunden steigen wir alle aus, um den Ausreisestempel der Türkei zu empfangen und können endlich schlafen. Nicht lange jedoch, denn um halb vier werden wir alle aufgefordert den Zug mit dem gesamten Gepäck zu verlassen, um bei eisiger Kälte in das Bahnhofsgebäude zu laufen. Für uns sind das zwölf Taschen! Und so lassen wir einfach einen Teil im Zug, der von iranischen Polizisten kontrolliert wird, während alle bei der Passkontrolle sind. Erst als alle Menschen aus dem Zug, junge und alte, Mütter mit ihren Babys, Kinder und Greise sich in die endlose Schlange von bestimmt 150 Leuten mit Koffern und Plastiktüten, Taschen und Kartons eingereiht haben, beginnt die Passkontrolle. Wir stehen ganz vorne, da mit dem ersten Waggon begonnen wird, bekommen aber, als wir an der Reihe sind, Pässe und Visa abgenommen und müssen uns setzen. In der Zwischenzeit werden von den anderen Reisenden fast alle Koffer geöffnet und die Papiere kontrolliert, eine entwürdigende Prozedur. Mehrere Iranerinnen entschuldigen sich mit einem Lächeln und Schulterzucken bei mir, es ist ihnen sichtlich peinlich. Wir sitzen wütend auf unseren Plätzen, um 5 Uhr, nachdem unsere Visa und Pässe sogar mit der Lupe kontrolliert wurden, dürfen wir endlich passieren, ohne dass unser Gepäck kontrolliert wird und steigen als letzte wieder in den Zug ein. Die Zugfahrt ist aber dann recht entspannt, wir bekommen Frühstück und Mittagessen (Huhn mit Reis oder gar nichts, vegetarisch gibt es nicht) und schauen stundenlang aus dem Fenster, während wir die Playlist meines Sohnes auf Spotify hören, das ist wie Kino mit der Musik von Eric Clapton, Phil Collins, Leonard Cohen, aber auch Van Morrison, Bob Marley, Cat Stevens usw. Sehr entspannend und ein schöner Blick auf Berge, Flüsse, Seen, Schafe und vereinzelt auch Menschen. Pünktlich um acht Uhr abends fährt der Zug im Bahnhof von Teheran ein und wir verabschieden uns von den Mitreisenden unseres Waggons, bekommen noch eine Telefonnummer in die Hand gedrückt, falls wir Hilfe brauchen. Ein Aufzug bringt uns mit unseren Fahrrädern nach oben und wir rollen aus dem Bahnhof, unter den neugierigen Blicken der Iraner. Auf der von Autos und Mopeds überfüllten Hauptstraße geht es in Richtung unseres Hostels und wir müssen uns sehr konzentrieren, um in diesem Verkehr unbeschadet unseren Weg zu finden. Ständig fahren Mopeds neben uns und vor oder hinter uns, eines der Mopeds kommt mir extrem nah, zwei Männer sitzen auf dem Moped, sie holen zu Alex auf und stoßen seitlich mit ihm zusammen, er kommt mit seinem schwer beladenen Fahrrad bedenklich ins Schlingern und beginnt plötzlich zu schreien, „Die Schweine haben mir mein Handy geklaut, ihr Sauhunde!“ Ich schließe zu ihm auf, die Handyhalterung liegt auf dem Boden, er hatte es zum Navigieren am Lenker befestigt. Alex ist außer sich, steht sichtlich unter Schock, aber zum Glück ist ihm nichts passiert! Nur einige Meter weiter ist eine Polizeistation, ein Polizist steht davor und wir erzählen ihm, was geschehen ist. Er öffnet das Tor, wir schieben die Räder hinein und mehrere junge Polizisten entschuldigen sich für den Raub, heißen uns im Iran willkommen. Helfen können sie uns jedoch auch nicht und nach einigem Hin und Her wird entschieden, dass wir am nächsten Morgen wiederkommen sollen. Alex hat die Adresse des Hostels zum Glück noch im Kopf und findet es nach einigem Suchen. Die Betreiber, Mahban und ihr Freund Sarmad, heißen uns ebenfalls herzlich willkommen und haben auch ein Abendessen und ein schönes Zimmer für uns. Auch sie sind geschockt über das Verhalten ihrer Mitbürger. Leider erfahren wir aber am nächsten Tag, dass diese Art von Überfall hier gang und gäbe ist und die deutsche Seite des Auswärtigen Amtes davor warnt. Der Polizeichef nimmt das Protokoll auf und schickt uns weiter zur nächsten Polizeistation, wir fahren wieder mit dem Fahrrad, müssen aber auch tagsüber feststellen, wie gefährlich das in den Straßen Teherans ist. Mopeds und auch Autos kommen uns auf der falschen Straßenseite entgegen, hier gilt das Recht des Stärkeren, sich in die Kreisel einzuordnen und wieder hinauszufahren erweist sich als wirklich schwierig. Auf der nächsten Polizeistation fühlt sich niemand zuständig, wir sollen nochmals zu einer anderen fahren, was wir aber nicht machen. Wofür auch? Das Handy ist weg, wohl längst für wenige Euro verscherbelt, aber der Schaden ist groß und der Schreck sitzt tief. Am nächsten Tag sollen wir uns auf der Deutschen Botschaft einfinden, aber auch dieser Besuch ist unnötig, bestätigt sich doch einfach nur unser Pech und die Unachtsamkeit. Wir schauen uns noch das Juwelenmuseum an und ich zeige Alex einen riesigen Diamanten, den ich mir zum Geburtstag wünsche. Im schicken und großen Samsung-Shop kauft Alex sich ein neues Handy (zum gleichen Preis wie in Deutschland, kein Wunder, dass sich die Iraner das nicht leisten können) und am Abend kochen wir mit Madjid, einem Freund meines Vaters, den wir vorher gar nicht kannten, ein leckeres Abendessen. Er hat 40 Jahre in Heidelberg gelebt und ist mit dem Beginn seiner Rente nach Teheran zurückgekehrt, denn hier lebt seine Familie. Er war kurz vorher für einige Monate zu Besuch in Deutschland. Wir verbringen mit ihm einen interessanten und lustigen Abend, er besteht darauf uns mit seinem Auto zum Hostel zurückzubringen, für seine 79 Jahre erweist er sich als sehr fit und aufgeschlossen und hat auch mit dem Verkehr in Teheran kein Problem Pünktlich zu meinem Geburtstag wird am nächsten Tag das Internet wieder eingeschaltet, aufgrund der Demonstrationen gegen die Erhöhung der Benzinpreise hatte die Regierung es für elf Tage ausgeschaltet! Unvorstellbar für uns! Aber noch viel schockierender ist, dass bei diesen Aufständen 230 Menschen von den Truppen der Regierung erschossen wurden, nur weil sie protestiert haben. Einer davon war ein Freund unseres Hostelbetreibers. Bis die mobilen Daten wieder funktionieren, dauert es aber noch ein paar Tage. Wir nutzen den Tag, um den Bazar (der nicht besonders ist) und den Golestan Palast anzuschauen. Dieser ist wie eine Oase der Ruhe im hektischen und mit Menschen überfüllten Treiben der Stadt. Hier gibt es wenigstens ein paar Katzen und Bäume. Am Abend zurück im Hostel bekomme ich eine Torte überreicht (das hatte Alex im Vorfeld organisiert) und alle singen für mich Happy Birthday, ich bin gerührt! Wir verbringen den Abend mit Pizza und Getränken in entspannter Atmosphäre und mit schöner Musik. Sarmad hat genau den gleichen Musikgeschmack wie wir. Die zwei jungen Katzen der beiden wuseln spielend um uns herum. Auch die nächsten Tage schauen wir uns noch Teheran an, Alex hat jedoch wegen seines Handyverlustes viel zu organisieren, was in einem Land mit zensiertem Internet zusätzlich schwierig ist. Am 27.11. werden wir zum zweiten Mal Großeltern, meine Tochter hat einen gesunden Sohn bekommen! Nach einer Woche, am 29.11.19, verlassen wir Teheran mit den Fahrrädern 10 km in Richtung Busbahnhof, bekommen ohne Probleme die Fahrräder im Bus unter, und fahren weiter nach Kaschan. Wir lassen somit auch Menschenmengen, Smog und das hektische Treiben einer Großstadt hinter uns, in der Kinder bisweilen nicht in die Schule gehen können oder weitere Feiertage eingeführt werden, in der Hoffnung dadurch der Luftverschmutzung Herr zu werden. Auch das Überqueren von Fußgängerampeln, die auf Grün stehen, was die Autofahrer aber gar nicht beachten, das Laufen auf Gehwegen, die von den Mopedfahrern ebenso schamlos genutzt werden, insofern es keine extra dafür aufgestellten Barrieren gibt und das Gedrängel aller Beteiligten des Verkehrs hat nun ein Ende. Dachten wir….
Gehweg, Sperre für Mororräder und Autos
Zee Hostel

2 Antworten auf „Teheran, Iran“

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    (would appreciate any feedback) – it’s still in the works.

    Keep up the good work– and hope you all take care of yourself during the coronavirus
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    1. Hi Justin,
      thanks for the comment.
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      BR, Alex

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